Elektroauto kaufen – ja oder nein?

Sechshundert Kilometer von Hamburg nach München, vom Zentrum ins Zentrum, vollelektrisch, in weniger als sechs Stunden, und dabei entspannt ein Buch gelesen – das ist heute schon Realität. Allerdings nicht mit dem Auto, sondern mit dem Zug. Selbst neueste Elektroautos müssen nach rund vierhundert Kilometern an die Steckdose. Für ein radikales Verbot des Verbrennungsmotors sei es zu früh, meinen führende Experten auf diesem Gebiet. Es könnte aber sehr wohl Sinn machen, den Start eines kalten Diesels in der Innenstadt zu vermeiden. Damit wird auf Hybridfahrzeuge angespielt, die im Schnitt rund fünfzig Kilometer elektrisch zurücklegen und auf der Langstrecke den Verbrenner nutzen.

Reichweite ist von vielen Faktoren abhängig

Während der Hybrid-Fahrer mit üppigen Reichweiten rechnen und ein etablierten Tankstellennetz nutzen kann, muss der Nutzer eines echten E-Autos genau planen. Die tatsächliche Reichweite hängt stark von Strecke, Geschwindigkeit, Außentemperatur und der Nutzung elektrischer Verbraucher ab. Die Fahrt in einem ungeheizten Auto im Windschatten eines Lkw beenden zu müssen, weil der Strom knapp wird, ist nicht jedermanns Sache. Es mag zutreffen, dass die heute erzielbaren Reichweiten für 99 % aller Fahrten ausreichen. Umgekehrt heißt das aber: Es gibt Situationen, in denen dem Halter eines Elektroautos kein taugliches Fahrzeug zur Verfügung steht. Elektroautos finden deshalb hohe Akzeptanz als Zweitwagen oder bei Menschen mit einem entsprechenden Mobilitätsbedarf. Überlegenswert sind Konzepte, die mit dem Kauf eines Elektroautos die Möglichkeit zur günstigen Anmietung eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor anbieten, um das fehlende eine Prozent Langstreckenfahrten abzudecken.

Ladenetz im Ausbau

Innerhalb eines Jahres hat sich die Zahl öffentlich nutzbarer Ladestationen in Deutschland verdoppelt. Mit universellen Zugangskarten oder entsprechenden Apps wird eine hohe Versorgungsdichte unabhängig vom heimischen Stromanbieter erreicht. Sicher, einem Ansturm tausender Elektroautos zum Ferienbeginn sind heutige Stromtankstellen nicht gewachsen. Zu klären sind auch Fragen bezüglich des Leitungsnetzes und der Kraftwerkskapazitäten. Elektromobilität bedeutet zwar lokale Emissionsfreiheit, aber wenn der erforderliche Strom in konventionellen Kohlekraftwerken erzeugt werden muss, fällt die Ökobilanz insgesamt ziemlich schlecht aus. Für all diejenigen, die derzeit vor der Frage ‘Elektroauto kaufen – ja oder nein’ stehen, bleibt festzuhalten, dass Elektroautos für den regionalen Einsatz bereits heute absolut alltagstauglich sind und ihr Einsatz die Luftqualität in den Städten verbessern kann.

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